Minden (DVM). 70 Jahre und nach wie vor ganz leise. So zeigt sich der Dombau-Verein Minden (DVM) sieben Jahrzehnte nach seiner Gründung am 28. Juni 1946.
Es war eine Zeit der großen Ungewissheit als sich an diesem Tag die Gründungsmitglieder mit dem damaligen Regierungspräsidenten in Minden und ersten Vorsitzenden des die Konfessionen übergreifenden Fördervereins, Dr. Paul Zenz, zusammenfanden. Hauptaufgabe des Dombau-Vereins: den Wiederaufbau des Mindener Domes finanziell mittragen.
Als am 28. März 1945 der letzte große Bombenangriff auf Minden von den alliierten Streitkräften geflogen war, lag ein Großteil der Innenstadt in Schutt und Asche. Vom in seinem Ursprung mehr als 1100 Jahre alten Dom stand nur noch ein Skelett. Die Domgemeinde hatte ihre Glaubensstätte verloren, die Stadt ein Gebäude, das von großer kunstgeschichtlicher Bedeutung war. Doch es sollte kein Verlust bleiben. Nahezu alle Beteiligten hegten nach Kriegsende den Wunsch, den Dom wieder zu errichten.
Aber es fehlte an Geld vor allem bei der öffentlichen Hand, diese Kirche, die unter dem Patronat des Landes steht, wieder aufzubauen. Schon kamen Überlegungen auf, den Dom ganz abzureißen oder ihn in seinem zerstörten Zustand als Mahnmal stehen zu lassen.
Unablässig aber waren die Bemühungen der Befürworter des Wiederaufbaues, die schließlich in der Gründung des Dombau-Vereins mündeten. Die Verantwortlichen von Rat und Verwaltung schlossen sich dem Förderverein an, in der Bevölkerung fand der „DVM“, wie es im Logo des Vereins lautet, große Resonanz. Die Begleitumstände aber blieben kompliziert. Die Herausgabe von Drucksachen wie ein Dombau-Kalender, der die Bemühungen des Vereins bewerben sollte, scheiterte an einem allgemeinen Druckverbot. Unterdessen galt es weiterhin, die Sicherungsarbeiten zur Erhaltung dieses einmaligen Bauwerkes finanziell zu gewährleisten.
Die Bemühungen aller Aktiven im Dombau-Verein sollten nicht unbelohnt bleiben. Es wurden private Gelder generiert und selbst das Hochbauamt, die Landesregierung und viele andere Stelle gaben Zuschüsse, sodass Anfang März 1950 das Richtfest für den Westwerk-Turm und die Glockenweihe begangen werden konnten.
Verantwortlicher Architekt beim Wiederaufbau war damals der erste Geschäftsführer des Dombau-Vereins, Werner March, der auch beim Wiederaufbau des historischen Rathauses federführend wirkte. Der gebürtige Charlottenburger hatte nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Heimat in Minden gefunden und galt als einer der renommiertesten Architekten seiner Zeit. Sein bekanntestes Bauwerk ist das Berliner Olympiastadion.
Die Domgemeinde, Rat und Verwaltung würdigten das Richtfest mit der Glockenweihe, an dem tausende Mindener teilnahmen, als ersten großen Erfolg des Dombau-Vereins und dessen Bauausschusses, dem der ehemalige Oberbaurat der Regierung Minden, Hans Gelderblom, vorstand. Der Baumeister und Presbyter der Simeonsgemeinde erhielt 1964 für sein ehrenamtliches Wirken den ersten Ehrenring der Stadt Minden.
Der Dombau-Verein verfolgte ohne großes Aufsehen weiter das Ziel des kompletten Wiederaufbaues des Domes. So verkündete der Bauausschuss-Vorsitzende 1952 in der Hauptversammlung des Vereins die Fertigstellung des Paradieses und den vollkommenen Wiederaufbau des Mindener Domes „in längstens fünf Jahren“.
Hans Gelderblom sollte Recht behalten. Mit Lotterien, Fotowettbewerben und anderen Aktionen akquirierte der Dombau-Verein weiterhin Aufbaumittel. Die Stadt, der Kreis Minden und das Erzbistum Paderborn, selbst von den Kriegsfolgen stark betroffen, gaben mehr Gelder als erhofft. 1957 dann konnte der fertiggestellte Dom wiedergeweiht werden. Die Domgemeinde, die eine vorübergehende Glaubensstätte in der Johanniskirche gefunden hatte, konnte in den Dom zurückkehren. Die Stadt erhielt wieder ihren kunstgeschichtlichen Mittelpunkt.
Vom Innenanstrich bis zur Neugestaltung der Domschatzkammer
In den folgenden Jahrzehnten kümmerte sich der Dombau-Verein weiter um das mächtige Kirchengebäude und seine Kunstgegenstände. Unter anderem wurden Restaurierungsarbeiten gefördert, ein neuer Innenanstrich gewährleistet, die neue Bestuhlung finanziell unterstützt, die Errichtung einer neuen Orgel ermöglicht und das Bronzemodell der Domfreiheit, das nördlich des Westwerkes auf dem Kleinen Domhof steht, der Stadt aus Anlass des Jubläums „1200 Jahre Minden“ 1998 geschenkt. In enger Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand der Domgemeinde stimmte der Verein alle Projekte ab.
Viele Jahre kümmerte sich dabei der Architekt Werner Rösener, damals Geschäftsführer des Dombau-Vereins, um Ausstattung und Sicherung des Domes und der Domschatzkammer. Auf seine Initiative geht auch die Erstellung der Replik der Goldenen Tafel im Dom zurück. Das Original aus dem 15. Jahrhundert war Anfang des 20. Jahrhunderts nach Berlin verkauft worden, wo der Flügelaltar heute im Bode-Museum den Minden-Raum prägt. Rösener, der 2002 verstarb, war es nicht mehr vergönnt, die Fertigstellung der Goldenen Tafel zu erleben, die im gleichen Jahr durch den Paderborner Kardinal Joachim Degenhardt im Dom geweiht wurde
Im 70. Jahr seines Bestehens kümmert sich der Dombau-Verein Minden vor allem um die Neugestaltung und Erweiterung der Domschatzkammer am Kleinen Domhof. Hans-Jürgen Amtage, ehemaliger Geschäftsführer des Vereins und seit März dieses Jahres Nachfolger des nach kurzer schwerer Krankheit verstorbenen DVM-Vorsitzenden Arnold Weigelt: „Finanziell gesehen ist es bei einem Einzelprojekt die bislang größte Herausforderung für den Dombau-Verein, der mit rund 2,2 Millionen Euro fast 90 Prozent der Kosten für die Neugestaltung der Schatzkammer trägt.“
Vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Vorstand der Domgemeinde
Gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Gerd Stenz (stellvertretender Vorsitzender), Hans-Jürgen Trakies (Schatzmeister) und Geschäftsführer Dietrich Seele lobt Amtage die nach wie vor vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand der Domgemeinde: „Die Zurückhaltung und das gemeinsame Wirken im Stillen hat die vergangenen sieben Jahrzehnte Tätigkeit des Dombau-Vereins geprägt. So konnten wir gemeinsam viel schaffen – für die Gemeinde und für die Stadt.“
Die meisten Mittel für seine Fördertätigkeit erhält der überkonfessionelle Verein seit mehr als 40 Jahren aus den Ausschüttungen von WestLotto. Gemeinsam mit den Dombau-Vereinen Köln, Aachen, Xanten, Essen und Wesel ist der Dombau-Verein Minden Destinatär der staatlichen Lotteriegesellschaft und damit neben vielen anderen Vereinen aus Sport, Kultur und Wohlfahrt einer der Empfänger von Fördermitteln.