Minden (DVM). 75 Jahre alt und jung wie nie zuvor. So zeigt sich der am 28. Juni 1946 gegründete überkonfessionelle Förderverein Dombau-Verein Minden (DVM) im Jahr 2021.
Es war eine Zeit der großen Ungewissheit als sich vor 75 Jahren die Gründungsmitglieder mit dem damaligen Regierungspräsidenten in Minden und ersten Vorsitzenden des Fördervereins, Dr. Paul Zenz, zusammenfanden. Hauptaufgabe des Dombau-Vereins damals: den Wiederaufbau des Mindener Domes finanziell mittragen.
Als am 28. März 1945 der letzte große Bombenangriff auf Minden von den alliierten Streitkräften geflogen war, lag ein Großteil der Innenstadt in Schutt und Asche. Vom in seinem Ursprung mehr als 1100 Jahre alten Dom stand nur noch ein Skelett. Die Domgemeinde hatte ihre Glaubensstätte verloren, die Stadt ein Gebäude, das von großer kunstgeschichtlicher Bedeutung und Mittelpunkt Mindens war. Doch es sollte kein Verlust bleiben. Nahezu alle Beteiligten hegten nach Kriegsende den Wunsch, den Dom wieder aufzubauen.
Aber es fehlte an Geld – vor allem bei der öffentlichen Hand -, diese katholische Kirche, die im Eigentum der Domgemeinde und unter dem Patronat des Landes Nordrhein-Westfalen steht, wieder aufzubauen. Schon kamen Überlegungen auf, den Dom ganz abzureißen oder ihn in seinem zerstörten Zustand als Mahnmal stehen zu lassen. Eine Vorstellung, mit der sich die Bürgerinnen und Bürger im ehemals preußischen und damit protestantisch geprägten Minden nicht anfreunden wollten. Ihr Wunsch: der Wiederaufbau des Domes.
Bemühungen um Wiederaufbau des Domes waren unablässig
Und so waren die Bemühungen der Befürworter des Wiederaufbaues unablässig. Schließlich mündeten sie in der Gründung des überkonfessionellen Dombau-Vereins Minden. Die Verantwortlichen von Rat und Verwaltung schlossen sich dem Förderverein an, in der Bevölkerung fand der „DVM“, wie es im Logo des Vereins heißt, große Resonanz. Die Begleitumstände aber blieben kompliziert. Die Herausgabe von Drucksachen wie ein Dombau-Kalender, der die Bemühungen des Vereins bewerben sollte, scheiterte an einem allgemeinen Druckverbot, das die britischen Besatzungskräfte verfügt hatten. Unterdessen galt es weiterhin, die Sicherungsarbeiten zur Erhaltung dieses einmaligen Bauwerkes finanziell zu gewährleisten.
Die Bemühungen aller Aktiven im Dombau-Verein sollten nicht unbelohnt bleiben. Es wurden private Gelder generiert und selbst das Hochbauamt, die Regierung und viele andere Stellen gaben Zuschüsse, sodass 1948 mit dem Wiederaufbau begonnen und Anfang März 1950 das Richtfest für das Westwerk des Domes und die Glockenweihe begangen werden konnten.
Verantwortlicher Architekt beim Wiederaufbau war damals der erste Geschäftsführer des Dombau-Vereins, Werner March, der auch beim Wiederaufbau des historischen Rathauses federführend wirkte. Der gebürtige Charlottenburger und enge Mitarbeiter Albert Speers hatte nach dem Zweiten Weltkrieg eine neue Heimat in Minden gefunden und galt als einer der renommiertesten Architekten seiner Zeit. Seine bekanntesten Bauwerke sind das Berliner Olympiastadion und das Olympische Dorf.
Die Domgemeinde, Rat und Verwaltung würdigten das Richtfest mit der Glockenweihe, an dem tausende Mindener teilnahmen, als ersten großen Erfolg des Dombau-Vereins und dessen Bauausschusses, dem der ehemalige Oberbaurat der Regierung Minden, Hans Gelderblom, vorstand. Der Baumeister und Presbyter der Simeonsgemeinde erhielt 1964 für sein ehrenamtliches Wirken den ersten Ehrenring der Stadt Minden.
Der Dombau-Verein verfolgte ohne großes Aufsehen weiter das Ziel des kompletten Wiederaufbaues des Domes. So verkündete der Bauausschuss-Vorsitzende des DVM 1952 in der Hauptversammlung des Vereins die Fertigstellung des Paradieses und den vollkommenen Wiederaufbau des Mindener Domes „in längstens fünf Jahren“. In den beiden Jahren zuvor hatte der Dombau-Verein Minden aus der Dombau-Lotterie und Spenden fast 30.000 D-Mark zusammengetragen. Geld, das in den Wiederaufbau der Kathedrale floss.
Überkonfessioneller Förderverein akquirierte Aufbaumittel für den Dom
Hans Gelderblom sollte Recht behalten. Mit Lotterien, Fotowettbewerben und anderen Aktionen akquirierte der DVM weiterhin Aufbaumittel. Die Stadt, der Kreis Minden und das Erzbistum Paderborn, selbst von den Kriegsfolgen stark betroffen, gaben mehr Gelder als erhofft. 1957 dann konnte der fertiggestellte Dom wiedergeweiht werden. Die Domgemeinde, die eine vorübergehende Glaubensstätte in der Johanniskirche (dem heutigen Kulturzentrum BÜZ) gefunden hatte, konnte in den Dom zurückkehren. Die Stadt erhielt wieder ihren kunstgeschichtlichen Mittelpunkt.
In den folgenden Jahrzehnten kümmerte sich der Dombau-Verein Minden weiter um das mächtige Kirchengebäude und seine Kunstgegenstände. Unter anderem wurden Restaurierungsarbeiten gefördert, ein neuer Innenanstrich gewährleistet, die neue Bestuhlung finanziell unterstützt. 1996 die Errichtung einer neuen Orgel ermöglicht und das Bronzemodell der Domfreiheit, das nördlich des Westwerkes auf dem Kleinen Domhof steht, der Stadt aus Anlass des Jubiläums „1200 Jahre Minden“ 1998 geschenkt.
Viele Jahre kümmerte sich dabei der Architekt Werner Rösener, damals Geschäftsführer des Dombau-Vereins, um Ausstattung und Sicherung des Domes und der Domschatzkammer. Auf seine Initiative geht auch die Erstellung der Replik der Goldenen Tafel im Dom zurück. Das Original aus dem 15. Jahrhundert war Anfang des 20. Jahrhunderts nach Berlin verkauft worden, wo der Flügelaltar heute im Bode-Museum den Minden-Raum prägt. Rösener, der 2002 verstarb, war es nicht mehr vergönnt, die Fertigstellung der Goldenen Tafel zu erleben, die im gleichen Jahr durch den Paderborner Kardinal Joachim Degenhardt im Dom geweiht wurde.
Im 75. Jahr seines Bestehens hat der Dombau-Verein Minden sein Aufgabenspektrum deutlich erweitert. Zwar steht immer noch die Devise „Dom zu Minden und Domschatz Minden erhalten, gestalten und fördern“ im Vordergrund. Seit 2017 betreibt der Förderverein mit Unterstützung hauptamtlicher Mitarbeiterinnen zudem die neugestaltete und deutlich erweiterte Domschatzkammer am Kleinen Domhof mit ihren christlichen Kunstschätzen aus elf Jahrhunderten und von europäischem Rang als Museum. Der Verein finanzierte mit rund 2,3 Millionen Euro zu etwa 90 Prozent das „Großprojekt Domschatz“, welches damit bislang auch die größte Einzelinvestition des DVM ist.
DVM mit neuen Aufgaben und auf neuen Wegen
Der Förderverein organisiert Führungen in Dom und Domschatz, veranstaltet Konzerte, Vorträge und Ausstellungen. Öffentliche Weiterbildungsprogramme besonders für die ehrenamtlich aktiven Dom- und Domschatzwächter sind weitere Betätigungsfelder. Gemeinsam mit dem Evangelischen Kirchenkreis Minden und dem Verein Sigwardsweg unterhält der DVM seit 2019 das Pilgerbüro Sigwardsweg im Domschatz Minden, wo Pilgerinnen und Pilger auf dem heimischen Sigwardsweg kompetente Auskünfte und Pilgerinformationen erhalten. Und besonders seit Beginn der COVID-Pandemie geht der DVM auch digitale Wege, unter anderem mit Videoclips über verschiedene Exponate der Schatzkammer.
Gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Andreas Kresse (stellvertretender Vorsitzender), Hans-Jürgen Trakies (Schatzmeister) und Geschäftsführerin Annemarie Lux engagiert sich der Vorsitzende des Fördervereins, Hans-Jürgen Amtage, ehrenamtlich für all diese Aufgaben und Projekte. Immer in vertrauensvoller und konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Kirchenvorstand der Domgemeinde. Nicht nur für die Gemeinde, sondern auch für die Stadt Minden als Glaubens- und Kulturstandort und mit ihrer besonderen Bedeutung für die Region. Dabei kooperiert der Dombau-Verein Minden auch eng mit der Tourismusgesellschaft Minden Marketing GmbH (MMG). Unterstützt wird der Vorstand von rund einem Dutzend ehrenamtlichen Dom- und Domschatzwächterinnen und -wächtern, die mit großem Engagement in der Schatzkammer und im Dom als fachkundige Begleiter für Besucher aktiv sind.
Die meisten Mittel für seine Fördertätigkeit erhält der Förderverein seit fast fünf Jahrzehnten aus den Ausschüttungen von WestLotto. Gemeinsam mit den Dombau-Vereinen in Köln, Aachen, Xanten, Essen, Soest und Wesel ist der Dombau-Verein Minden Destinatär der staatlichen Lotteriegesellschaft und damit neben vielen anderen Vereinen aus Sport, Kultur und Wohlfahrt einer der Empfänger von Fördermitteln unter anderem aus dem „Spiel 77“. Die sieben Dombau-Vereine in Nordrhein-Westfalen erhielten im Jahr 2020 aus den Konzessionsabgaben insgesamt 2,9 Millionen Euro für ihre Aufgaben. Größter Empfänger aus den Lottomitteln ist der Zentral-Dombau-Verein Köln.
(c) Text: Hans-Jürgen Amtage
(c) Fotos: Sammlung Mindener Museum | DVM/Hans-Jürgen Amtage
Webseite des Domschatzes Minden
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