Der Dom zu Minden: Wer von außen, gewissermaßen von der Welt her auf das mehr als acht Jahrhunderte alte Westwerk des Mindener Domes zugeht, schaut auf ein majestätisches Gebäude, das wie eine Burg wirkt. In diesem Gebäude haben die Menschen vergangener Jahrhunderte Schutz und Geborgenheit gesucht. Hier haben aber auch deutsche Kaiser auf ihren Reisen durch das Land von ihrer Loge aus den Gottesdienst im Dom mitgefeiert.
Nach dem Durchschreiten des eisernen Tores wird das „Paradies“ betreten; es ist nicht der Himmel, sondern ein Stück gestalteter Welt. Wer durch dieses Portal hindurch geht, lässt sich einstimmen auf etwas, was er hinter der Bronzetür mit den wachenden Löwenköpfen nicht vermutet: Der Besucher steht plötzlich in einer lichtvollen, königlichen Halle, die nach dem Willen der Erbauer das „himmlische Jerusalem“ nachempfindet und die als die „reifste Frucht“ einer Hallenkirche des 13. Jahrhunderts in Deutschland gilt. Diese Stadt des Friedens haben sich manche Bischöfe und Fürsten als Grabstätte ausgewählt.
Hinter dem bronzenen Portal steht das Taufbecken. Immer wieder sind die Besucher fasziniert von der Würde des mystischen Raumes, der sich über das Taufbecken hinaus erstreckt.
Alle Maße des Raumes sind ausgewogen. Das Licht, das durch die Rosetten der Maßwerkfenster fällt, enthüllt und verhüllt zugleich. Jedes Detail in diesem Raum ist ein Symbol; es weist hin auf religiöse Hintergründe und auf Jesus Christus. So transparent auf Gott hin hat sich die mittelalterliche Kunst verstanden.
Ein versiegter Brunnen
Weiter geht es auf den Altar hin in der Vierung zu. Dieser Altar im Schnittpunkt der Längs- und Querachse des Domes steht über einem ehemaligen Brunnen, der weit mehr als 1000 Jahre alt ist. Ganz im Hintergrund sind die Fenster im Hochchor mit den drei zentralen Geheimnissen der Erlösung (Geburt Christi, Auferstehung und Sendung des Heiligen Geistes) zu sehen. Der Dom findet im Osten seinen Abschluss in der Apsis; diese fünfseitige Ausführung eines Oktogons steht im Zusammenhang mit dem 8. Tag, dem Tag der Wiederkunft des Herrn.
Der Altar erinnert an den schweren Stein im Alten Testament, auf dem Abraham, Moses, Salomon und alle Führer des Volkes Israel ihre Opfer Gott dargebracht haben. Immer war dieser Ort den Menschen heilig. Über dem Altar hängt das bekannte Mindener Kreuz (eine Kopie); es ist das kostbarste Kunstwerk des Domes (1070). Dieses Kreuz, dessen Original sich in der Domschatzkammer im benachbarten Haus am Dom befindet, gilt nicht nur als Brücke zwischen Himmel und Erde; der Gekreuzigte wird dargestellt zwischen Tod und Auferstehung – ohne Seitenwunde und Dornenkrone. Er schaut auf den Besucher herab.
Hinter dem Altar steht seit Juni 2002 die Replik der so genannten “Goldenen Tafel”, deren Original im Bode-Museum Berlin steht.
Besonderes Fresko im Dom zu Minden
Die in der heiligen Messe verwandelten Opfergaben, die bei der Kommunion übriggeblieben sind, werden im Tabernakel, der sich am linken vorderen Vierungspfeiler befindet, aufbewahrt. Der Künstler hat ihn beim Wiederaufbau aus Trümmerresten zusammengebaut. Weil Christus in der Gestalt des Brotes im Tabernakel, im Zelt Gottes gegenwärtig ist, verehren die katholischen Christen ihn an dieser Stelle mit einer Kniebeuge.
Die katholische Kirche hat immer an der Verehrung der Heiligen festgehalten; für sie sind diese von Gott begnadeten Menschen wichtige Fürsprecher an seinem Thron. Bei Ihrem Rundgang durch den Dom werden die Besucher einigen Heiligen begegnen.
Von besonderer künstlerischer Bedeutung ist das Fresko am rechten vorderen Vierungspfeiler (1290). Die Franziskus-Darstellung in der unteren Reihe rechts ist die älteste nördlich der Alpen. Der heilige Franziskus ist 1226 in Assisi gestorben. Aus spätromanischer Zeit stammt im südlichen Querhaus über dem Ausgang zum Kreuzgang der Apostelfries, der früher den Lettner zwischen den beiden Vierungspfeilern abgeschlossen hat (1260). Da von hier aus das Wort Gottes verkündet wurde, tragen alle dargestellten Apostel eine Bibel in ihren Händen.
Im Mai 2012 erhielt der Mindener Dom einen neuen Vierungsturm, der als Glockenturm ausgelegt ist. Finanziert wurde der Dom vom Land Nordrhein-Westfalen, das das Patronat über den Dom hält. Die Glocken finanzierte der Dombauverein. Mit der Errichtung dieses Turmes wurde der Wiederaufbau des 1945 durch Bomben der Alliierten zerstörten Kirchengebäudes abgeschlossen.
* Dieser Text ist an eine Ausarbeitung von Propst am Dom i. R. Paul Jakobi († 2023) angelehnt und von Hans-Jürgen Amtage bearbeitet.