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80. Jahrestag der Zerstörung des Mindener Doms durch alliierte Bomber

Beim letzten Bombenangriff am 28. März 1945 wurden weite Teile der Mindener Innenstadt, darunter der Dom und das Rathaus, zerstört. 186 Menschen starben an diesem Tag. Foto: Sammlung Horst Grätz/Mindener Museum
Beim letzten Bombenangriff am 28. März 1945 wurden weite Teile der Mindener Innenstadt, darunter der Dom und das Rathaus, zerstört. 186 Menschen starben an diesem Tag. Foto: Sammlung Horst Grätz/Mindener Museum

Minden (DVM/hjA). Vor 80 Jahren, am Vormittag des 28. März 1945, verwandelte ein alliierter Bombenangriff den mehr als 1200 Jahre alten Mindener Dom in eine rauchende Ruine. Heute steht das wiederaufgebaute Gotteshaus nicht nur als Zeugnis des Glaubens und der mittelalterlichen Baukunst, sondern auch als Mahnmal für Frieden und Versöhnung.

Jener Mittwoch begann als sonniger Frühlingstag. Doch gegen 11.30 Uhr war die Unterstadt in schwarze Rauchschwaden gehüllt. Es dauerte nur wenige Minuten als die alliierten Bomber die Altstadt in Schutt und Asche legten. Sie flogen Minden aus südwestlicher Richtung an, wendeten sich dann nach Osten.

Der Dom, das Rathaus und viele mittelalterliche Gebäude waren zerstört. Darunter die Häuserreihe zwischen Scharnstraße und Hohnstraße, die heute nicht mehr existiert und nur noch durch eine Platanenallee mitten auf dem Scharn angedeutet wird. Die Menschen irrten zwischen den brennenden Ruinen, versuchten in den Trümmern zu retten, was überhaupt noch zu retten war. Fast 190 Personen starben beim letzten Bombenangriff auf die Stadt kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs. Sechs Tage später erreichten kanadische Truppen die Stadt.

Seit 1943 hatte es immer wieder Bombenangriffe auf die Weserstadt gegeben. Im Dezember 1943 starben rund 30 Personen im Hagel von Sprengbomben und Luftminen. Am 26. Oktober 1944 bombardierten über 250 amerikanische Flugzeuge die Stadt. 73 Menschen starben. Darunter 25 Schutzsuchende, die im Bunker der Kistenfabrik Gebrüder Busch an der Friedrich-Wilhelm-Straße ertranken, der von einer Bombe getroffen wurde.

Fast 200 Menschen starben am 6. November 1944 als Wohngebiete bombardiert wurden. Weitere Angriffe, die viele Tote forderten, folgten. Am Nikolaustag 1944 fielen weitere Bomben. Das Postamt und Teile des Domchores und der Sakristei wurden stark beschädigt.

Kaum jemand rechnete noch mit einem Bombenangriff

Am 28. März 1945 rechnete eigentlich niemand mehr in Minden mit Angriffen der Alliierten. Es sollte ein schrecklicher Irrtum sein. Beim schwersten Angriff auf Minden starben 186 Menschen. Am 3. April 1945 dann erreichten kanadische Truppen die Weserstadt.

Der Mindener Dom war zu diesem Zeitpunkt eines der vielen zerstörten Mahnmale des furchtbaren Krieges, den die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler im September 1939 begonnen hatten. Sprengbomben, die die Alliierten an jenem sonnigen März-Tag abgeworfen hatten, ließen das Dach der Kathedrale wegplatzen. Brandbomben sorgten für ungeheure Temperaturen in dem Kirchengebäude. Die Zerstörung war riesig. Ein kleines Wunder sollte sein, dass der im Westbau des Domes zu Kriegsbeginn eingelagerte, bis zu 1100 Jahre alte Domschatz fast vollständig erhalten blieb.

Der Mindener Dom, um 800 von Karl dem Großen als Missionszentrum gegründet, war über Jahrhunderte spirituelles und kulturelles Zentrum nicht nur Mindens, sondern ganz Westfalens. Seine Architektur vereinte romanische Ursprünglichkeit, gotische Eleganz und zuletzt barocke Pracht. Und war jetzt nur noch eine offene Wunde mitten in der Stadt.

„Die Dome sind an den Bahnhöfen zugrunde gegangen“

Dass der monumentale Kirchenbau am 28. März 1945 in Flammen aufging, führt der renommierte Publizist Jörg Friedrich in seinem im Jahr 2002 erschienenen Buch “Der Brand – Deutschland im Bombenkrieg 1940-1945” auf seine Lage zurück: „Die Dome von Minden, Paderborn, Soest und Hildesheim sind an den Bahnhöfen zugrunde gegangen.“ In der Weserstadt dürfte auch noch das nahegelegene Wasserstraßenkreuz von Mittellandkanal und Weser, das immer wieder Ziel der alliierten Bomber war, ein Grund gewesen sein.

Nachdem nach Kriegsende die Entscheidung zum Wiederaufbau des Domes gefallen war, gründete sich 1946 der Dombau-Verein Minden, der mit für die Finanzierung der Bauarbeiten eintrat und erste Sicherungsmaßnahmen erfolgten. 1950 begann der Wiederaufbau unter der Leitung von Dompropst Josef Parensen und Werner March. Er war einer der prominentesten Architekten unter Adolf Hitler und Architekt unter anderem des Berliner Olympiastadions. Er leitete nach dem Zweiten Weltkrieg in Minden auch den Wiederaufbau des Alten Rathauses und anderer bedeutender Gebäude.

Werner March stellte den mittelalterlichen Raum des Domes wieder her

March nahm einige stilistische Änderungen vor und versuchte, den mittelalterlichen Raum des Domes wiederherzustellen. Hier trat er vor allem dafür ein, der Kathedrale wieder den frühgotischen Charakter zu geben. Im März 1950 konnte mit einer Glockenweihe Richtfest gefeiert werden. Der Paderborner Bischof Lorenz Jaeger weihte den wiederaufgebauten Dom am 29. Juni 1957 ein.

Endgültig fertiggestellt wurde der Dom zu Minden aber erst Ende 2011, als der neue Vierungsturm, der viele Jahrhunderte das Aussehen der Kirche mitgeprägt hatte, wieder aufgesetzt war. Mit fünf neuen Glocken. Nunmehr umfasst das Geläut des Mindener Domes 13 Glocken und ist damit das mächtigste Geläut in Westfalen.

Der 28. März 1945 aber bleibt eine offene Wunde in Mindens Stadtgedächtnis. Doch der wiedererstandene Dom zeigt, dass selbst aus tiefsten Zerstörungen Neues erwachsen kann. Zum 80. Jahrestag ist seine Botschaft aktueller denn je: Frieden beginnt mit Erinnerung – und der Bereitschaft, Brücken zu bauen.

Ein Beitrag von Hans-Jürgen Amtage, Vorsitzender des Dombau-Vereins Minden e.V. (DVM)

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